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Das Konzept
Hansjörg Meyer
2. Auflage 2016, 128 Seiten, zahlreiche Fotos, Spiralbildung

Beschreibung
ISBN 9783860592090
Beschreibung
Musikbasierte Kommunikation ermöglicht Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen Ausdruck und Kontakt auf der körperlich-emotionalen Ebene, vor allem aber die Überwindung von Isolation. Das von dem Musiktherapeuten Hansjörg Meyer entwickelte Konzept richtet sich an Mitarbeitende im Behindertenbereich aus Pädagogik, Theapie und Pflege mit und ohne musikalische Vorkenntnisse, aber auch an Angehörige von Betroffenen, die die musikalische Erreichbarkeit selbst schwerstbehinderter Menschen nutzen und mit ihnen nach neuen Wegen der Kontaktaufnahme und der Ermöglichung von emotionalem Ausdruck suchen möchten. In einer für Nicht-Musiker verständlichen Sprache erklärt der Autor die enge Verbindung von Körper, Gefühlen und Musik und beschreibt, wie diese zur Kommunikation über die musikalischen Elemente von Atmung, Stimme und Bewegungen genutzt werden kann. Neben einer Einführung in die grundlegenden Techniken erhält das Buch viele praktische Übungen und Hinweise für den Alltag. Begleitet werden die Ausführungen von eindrucksvollen Fotos von Marie Ebert, die die praktischen Übungen veranschaulichen, aber auch die Freude und Begeisterung der Betroffenen zeigen, wenn sie sich mitteilen und ihre bisher oft ungeahnten Fähigkeiten zum Ausdruck bringen können. So ist ein inspirierendes Praxis-Buch entstanden, das die Möglichkeiten musikbasierter Kommunikation für Menschen mit schwerer Behinderung umfassend vermittelt.
Rezension
Kommunizieren mit Musik
Das Buch gliedert sich, neben einem Vorwort von Professor Dr. Andreas Fröhlich und einer Einleitung, in vier Hauptabschnitte. Ein Nachwort, gefolgt von einem Literaturnachweis, bilden den Abschluss. Fotos von Maria Ebert begleiten und veranschaulichen die einzelnen Textpassagen.
Der Autor Hansjörg Meyer ist Musiktherapeut, therapeutischer Fachberater in verschiedenen Einrichtungen, Seminarleiter und Hochschulbeauftragter und bekannt durch zahlreiche Bücher.
Mit diesem Buch wendet sich Meyer an Mitarbeitende im Bereich Pflege, Pädagogik und Therapie sowie an Angehörige von Betroffenen, die einen Weg der Kontaktaufnahme durch Musik gehen möchten. Musikalische Vorkenntnisse sind nicht zwingend notwendig.
Im ersten Kapitel werden die Grundlagen der musikbasierenden Kommunikation beschrieben. Dabei wird auf die enge Verbindung zwischen Musik und Gefühl, Gefühlen und Körper(ausdruck) und den Zusammenhang von Körper und Musik hingewiesen. Schon ein Säugling äußert seine Gefühle über Mimik, Gestik und Laute, und die Mutter spiegelt dies auf derselben basalen Ebene wider. Hier beginnt Kommunikation, der Anfang von Musik – eine Kommunikation von Emotionen.
Menschen mit einer schweren Behinderung können ihre Gefühle oftmals nur minimal mit ihrem Körper ausdrücken; durch Bewegungen, durch Laute, durch ihre Atmung. Diese Ausdrucksformen enthalten musikalische Elemente, wie Rhythmus, Tempo, Takt, Lautstärke und Klangfarbe. Mit diesen Parametern der Musik ist es möglich, sich auf sein Gegenüber zu beziehen und einen musikalisch-motorischen Dialog zu beginnen.
Meyer gibt einen kurzen Einblick in die Geschichte, Entwicklung und Weiterentwicklung der musikbasierenden Kommunikation sowie musiktherapeutischen Arbeit und versucht auch deren Unterschiede zu benennen. Es folgt eine sehr detailliert beschriebene Sequenz aus einer Sitzung mit Kasper, einem 12-jährigen schwer mehrfachbehinderten Jungen. Diese genau beobachtende und erläuternde Beschreibung gibt den Lesern/innen die Möglichkeit, ein konkretes Bild der praktischen Arbeit mit diesem Medium zu bekommen. Dabei wird ganz deutlich spürbar, wie wesentlich die Haltung des Hinspürens ist, um so dem behinderten Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, in einen Austausch mit sich und dem Gegenüber zu kommen, sich auszudrücken und mitteilen zu können. Es ist wichtig zu erkennen, ob wir in solchen Situationen begleitend oder führend agieren sollen.
Das zweite Kapitel „Zuhören, oder: die Haltung des Hinspürens“ beschäftigt sich mit der Intuition, die uns ein Hineinfühlen in unser Gegenüber ermöglicht. Dieser Spürsinn geht im Laufe der Kindheit verloren und muss bei Erwachsenen wieder wahrgenommen und wachgerufen werden. Dabei wird deutlich, dass sich oft das Wesentliche in kleinsten Prozessen der Interaktion ereignet. Um diese Mikroprozesse der Kommunikation erkennen zu können, ist es wichtig unser Tempo zu verlangsamen und in einer achtsamen Haltung den Moment wahrzunehmen. Es geht um ein Hinspüren zu meinem Gegenüber, es geht um ein Schärfen aller Sinne – auch des Spürsinns, der Intuition – in einer aufnahmebereiten und offenen Haltung.
In diesem Kapitel finden sich zudem Übungen zur Selbsterfahrung. Es sind klare und detaillierte Anweisungen für Einzel- oder Partnerübungen zum Thema „Hinspüren zu einem Gegenüber“, „Gefühle erspüren“, „Kontaktaufnahme über Atmung“. Eine Beschreibung aus der Praxis schließt das Kapitel ab.
Im dritte Kapitel „Sprache oder musikalische Improvisation“ geht der Autor von einer uns vertrauten Alltagshandlung aus: dem Sprechen und Zuhören. Gesprochene Worte werden von Menschen mit einer schweren Behinderung oft als Klanggebilde wahrgenommen und unterstützt durch unsere Mimik und Gestik verstanden. Es bedarf einer großen Sensibilität, wie wir unsere Sprache einsetzten, mit welchem Klang wir unsere Worte versehen, um unser Gegenüber zu erreichen. Meyer rät, Musik-CDs oder Radiomusik vorsichtig und gezielt einzusetzen, und genau hinzuspüren, ob auch wirklich diese Musik wohltuend für mein Gegenüber ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der musikbasierenden Kommunikation ist die Improvisation. Ausgehend vom Sprechen oder einer alltäglichen Unterhaltung erklärt Meyer gut nachvollziehbar den Charakter, die Grundformen und Regeln einer musikalischen Improvisation.
Im Weiteren stellt er geeignete Musikinstrumente vor. Das Ursprünglichste ist unsere Stimme, ebenso wie unsere Körperinstrumente (wie Klatschen, Schnipsen). Diesen eignen sich für die musikbasierende Kommunikation und sind alle einfach zu spielenden Instrumente, die keine musikalische Vorkenntnis benötigen. Einige werden genauer beschrieben. Auf ihre besondere Eignung und ihre mögliche Wirkung wird hingewiesen. Auch hierzu findet man Übungen, Beratung und Information.
Im vierten und letzten Kapitel des Buches „Gespräche oder musikbasierende Kommunikation“ geht es vor allem um das Teilen innerer Zustände – das sind Gefühle und Emotionen. Denn Menschen mit einer schweren Behinderung sind meist in ihrer Ausdrucksfähigkeit stark eingeschränkt, nicht aber in ihren Empfindungen. Diese „Sprachlosigkeit“ führt oftmals zu Isolation. Meyer zeigt Wege auf, diese Menschen aus ihrer Einsamkeit zu führen, ihre Äußerungen wahrnehmen und verstehen zu lernen, diese musikalisch zu beantworten und so Begegnung und Kontakt herzustellen. Es geht um Begegnung, sei es durch Bewegung, Klang, Melodie mit einem Instrument oder der Stimme oder auch durch die Atmung.
Ausgehend von entwicklungspsychologischen Grundlagen und seinen eigenen Erfahrungen beschreibt der Autor vier Improvisationstechniken der musikbasierenden Kommunikation. Diese nennt er „Begleiten“, „Haltgeben“, „Hervorrufen“ und „Dialogisieren“. Meyer stellt unterschiedliche Möglichkeiten der Begegnung mit diesen „Techniken“ dar, und gibt durch vielfältige Beispiele konkrete Anregungen zur Umsetzung. Praktische Übungen ermöglichen erneuert, Vieles davon selbst zu erfahren und zu erproben. Erzählungen aus seiner Arbeit und der alltäglichen Situation im Wohnheim verdeutlichen, vertiefen und bestätigen die Worte und Darstellungen des Autors.
In seinem Buch „Musikbasierende Kommunikation“ gelingt es Hansjörg Meyer, unter Mitarbeit von Marie Ebert, durch seine allgemein gut verständliche sowie auch äußerst sensible und einfühlsame Sprache, Menschen verschiedenster beruflicher Herkunft in der Arbeit mit behinderten Menschen zu vermitteln und zu ermutigen, mittels dem Medium „Musik“ mit Menschen mit einer schweren Behinderung in Kontakt zu treten.
Das Verhältnis der Erklärungen und der Einführung in grundlegende Techniken zu den praktischen Übungen und Hinweisen für den Alltag stellt sich in einer ausgewogenen Relation dar. Durch vielfältige Beispiele wird der Inhalt praxisnah und nachvollziehbar. Seine Übungen geben den Lesern/innen die Möglichkeit, Selbsterfahrung in dieser Materie zu sammeln, um so wiederum die Anregungen noch besser verstehen und nachvollziehen zu können.
Wenn dieses höchst inspirierende Praxisbuch Nichtmusiker/innen ermutigt, damit zu arbeiten, glaube ich, dass Übung und Fertigkeiten auf den verschiedenen Instrumenten erst wirklich einen kommunikativen Prozess bewirken können.
„Musikbasierende Kommunikation“ ist als Ringbuch ein praktisches Arbeitsbuch, sehr ansprechend und sehr gelungen durch eindrucksvolle Fotos, kurze Zitate und Gedichte. Die Begegnung mit diesem Buch stellt für mich eine äußerst wertvolle Weiterentwicklung dar auf meinem weiteren Weg in der Arbeit mit schwer behinderten Menschen.
Barbara Rebecka Asperger,
Musiktherapeutin, Musik- und Tanzpädagogin