von Norina Lauer
4., vollständig überarbeitete Auflage 2014, 160 S., 20 Abb., broschiert
Beschreibung
ISBN 9783131158147
Beschreibung
Konkrete Hilfen zur Diagnostik und Therapie auditiver Verarbeitungsstörungen:
- Beschreibung audiologischer und psychometrischer Testverfahren und des daraus entwickelten Screenings
- Diskussion der verschiedenen Förderprogramme und Behandlungsmethoden und deren Effektivität
- mit Übungsvorschlägen und Hilfetabellen zur Planung therapeutischer Interventionen
- Zusammenhänge zwischen AVS und anderen Störungsbildern wie LRS oder ADHS
Neu in der 4. Auflage:
- Diagnostikbögen für das Screeningverfahren als kostenloser Download
- überarbeitetes Modell der auditiven Verarbeitung
- Kapitel therapeutische Interventionen erweitert: Beratung, Hörtraining, Modifikationen der Hörumgebung
- Neue Übungsbeispiele und Therapiematerialien
- wissenschaftliche Evidenz zu Diagnostik und Therapie
- Kapitel zu HMR, ICD-10 und ICF
- Bewertung von PC-Programmen und Einbindung in das Übungskonzept
Rezension
Nach der dritten Auflage im Jahr 2006 legt die Logopädin Professor Dr. Norina Lauer jetzt die vierte Auflage ihres Buches vor. Die wissenschaftliche Weiterentwicklung dokumentiert bereits der veränderte Buchtitel, der nun „Auditive Verarbeitungsstörungen im Kindesalter“ anstelle von „Zentral-auditive Verarbeitungsstörungen im Kindesalter“ heißt. In ihrer Einleitung begründet Norina Lauer die neue Wahl des Begriffes. Im dritten Kapitel definiert sie die Auditive Verar-beitungsstörung (AVS) in ihrem Sinn und stellt ihre Definition neben die der American Speech-Language-Hearing Asso-ciation (ASHA 2005), der British Society of Audiology (SA 2009), der American Academy of Audiology (AAA 2010) sowie der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP 2010). Sie geht dabei auf die Unterschiede zwischen den englischen Definitionen und derjenigen der DGPP ein; ihre eigene Definition entspricht weitgehend der der DGPP.
Das Fachbuch zeichnet sich durch eine klare Gliederung aus. Nach der Einleitung und Begriffsbestimmung stellt Lauer in Kapitel zwei die Grundlagen der auditiven Verarbeitung dar, indem sie Anatomie und Physiologie des Hörens schildert. Es fallen kleinere Ungenauigkeiten auf, zum Beispiel, dass bei 500 Hz der minimale Frequenzabstand, der wahrge-nommen werden könne, bei 100 Hz liege (Seite 15). In Kapitel drei folgen, wie bereits angesprochen, die Definitionen der AVS sowie die Schilderung der klinischen Symptome. Im vierten Kapitel zum Thema Diagnostik wird unterschieden zwischen Anamnese und Elternfragebögen, audiometrischen Verfahren und psychometrischen Testverfahren.
Etwas irritierend ist, dass die Fähigkeit des Richtungshörens sowohl unter den audiometrischen Verfahren (unter 4.2.3) als auch unter den psychometrischen Tests als Lokalisation ausgeführt wird. Ebenso verhält es sich mit der Selektionsfä-higkeit, für die die Autorin unter 4.2.4 den Mainzer Kindersprachtest im Störgeräusch, aber auch das PC-Programm AudioLog empfiehlt. Den zeitgemäßen Oldenburger Kindersatztest erwähnt Norina Lauer nicht. Zu den dichotischen Diskriminationstests führt sie aus, dass der Feldmann- und der Uttenweiler-Test eingesetzt werden könnten, wobei sie angibt, der Feldmann-Test könne ab dem sechsten Lebensjahr eingesetzt werden.
Im Unterkapitel 4.3.2 wird die Überprüfung der Dichotischen Diskrimination als psychometrisches Verfahren am Computer aufgeführt. Das von der Autorin selbst entwickelte Screening-Verfahren zur orientierenden Untersuchung wird in Kapitel 4.5 geschildert. Hierfür gibt es ein Screening für Kinder im Alter von 5;0 bis 5;11 Jahren und ein zweites Screening für Kinder im Alter von 7;0 bis 8;11 Jahren. Zur Durchführung sind einige Gegenstände wie Bilder und Muggelsteine, nun aber auch ein Computer mit Lautsprechern und dem Programm AudioLog 4 notwendig. Mit dem Screening sollen Aufmerksamkeit, Speicherung und Sequenz, Lokalisation, Diskrimination, Selektion, Dichotische Diskrimination, Analyse, Synthese und Ergänzung geprüft werden. Zur Auswertung wird der Prozentsatz der korrekt gelösten Aufgaben eingetragen. Die Autorin schlägt vor, Kinder mit Leistungen von kleiner als 30 Prozent als deutlich auffällig einzuschätzen, bei Kindern mit Leistungen zwischen 30 und 70 Prozent sei keine eindeutige Aussage möglich. Von einem wirklich sicheren Beherrschen könne erst ab einer Leistung von 90 Prozent, besser noch 95 Prozent gesprochen werden. Eine Normierung wurde bisher noch nicht vorgenommen.
In Kapitel fünf werden die Heilmittel-Richtlinie, die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) und die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) geschildert. In Kapitel sechs zum Thema Therapie geht die Autorin vor allem auf das auditive Training in seinen verschiedenen Modifikationen ein, führt aber in der neuen Auflage auch zur Modifikation der Hörumgebung aus. Diese wichtigen Gesichtspunkte sollten bei jedem Kind berücksichtigt werden; das Buch hat durch die Einführung dieses Kapitels sicher gewonnen. Auch alternative Therapieansätze werden kurz geschildert. Ein weiteres zusätzliches Kapitel beschäftigt sich mit der Evidenz zur Therapie Auditiver Verarbeitungsstörungen.
Der Anhang macht etwa ein Drittel des Buches aus, hier werden Therapie, Material und Screening detailliert geschildert. Von den Übungen können viele ohne apparative Voraussetzungen umgesetzt werden, häufig findet sich aber auch die Empfehlung, das AudioLog-Programm einzusetzen. Zum Screening findet sich für jeden Untertest ein Untersu-chungsbogen, sodass das Ergebnis notiert werden kann.
Das Buch bietet zum einen Informationen über die Theorie der AVS, zum anderen aber viele praktische Hinweise zur Durchführung einer Übungsbehandlung bei betroffenen Kindern. Damit kann es Pädakustikern, Logopäden, Sprachthera-peuten und Hörgeschädigtenpädagogen empfohlen werden.
Professor Dr. Annerose Keilmann
Hörakustik 1/2015