Alexander Görsdorf2013, 256 Seiten, kartoniert
Beschreibung
ISBN 9783499616006
Beschreibung
Alexander Görsdorf ist schwerhörig, und Schwerhörigkeit sieht man nicht. Deshalb muss er im Alltag nicht nur regelmäßig «Wie bitte?» fragen, sondern ist auch froh, wenn es ihm gelingt, unfallfrei einen Kaffee zu bestellen. Immerhin: Frauen stehen auf ihn, denn er schaut ihnen auf die Lippen wie kein anderer. Witzig, selbstironisch und ohne falsche Scham erzählt Alexander Görsdorf aus seinem Leben als Schwerhöriger, das ihn immer wieder in schräge Situationen führt, aber auch in fremde Länder und schließlich unters Messer der Hightech-Medizin.
In seinem Blog «Not quite like Beethoven» schreibt er seit Jahren über das Leben mit schlechtem Ton.
Rezension
Ein Leben voller Lückentext
Der Autor, selbst hochgradig hörbeeinträchtigt und beidseitig mit Cochlea-Implantaten versorgt, ist in der „Schwerhörigenszene“ hinlänglich bekannt – vor allem durch seinen äußerst informativen und unterhaltsamen Blog www.notquitelikebeethoven.de. Schön, dass diese Inhalte nun in ein Buch aus einem renommierten Verlag einfließen und sich somit die Chance bietet, dass ein größerer Leserkreis darauf aufmerksam wird. Die Problematiken, die sich aus der unsichtbaren Beeinträchtigung einer Schwerhörigkeit ergeben, werden so hoffentlich einem größeren Leserkreis zugänglich. Folglich ist das Buch vielleicht sogar eine Hilfestellung auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft!
Thematisch deckt Alexander Görsdorf ein breites Spektrum ab, von der alltäglichen Herausforderung einer Sandwich-Bestellung im Schnellimbiss, über die Tücken typischer Kinderspiele bis hin zur Barrierefreiheit beim Streiten. Gleich im Vorwort geht’s zur Sache: um Sex, der ohne hörbare Emotionen des Partners und mit piependem oder am Kopf baumelnden Hörsystem doch etwas an Reiz verliert.
In seinem Buch, dessen Titel mit „Taube Nuss“ meiner Meinung nach etwas zu negativ gewählt wurde, werden die Bloginhalte zwar hier und da aufgegriffen, doch zusätzlich umfassend ergänzt und verwoben mit lockeren, teils mit einem Augenzwinkern geschilderten Erzählungen aus seinem Leben voller Lückentext. So werden die Auswirkungen der Schwerhörigkeit auf diverse Lebenssituationen gut veranschaulicht und auch für Nichtbetroffene die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten besser nachvollziehbar.
Das Buch ist absolut empfehlenswert für Görsdorf-Fans und alle, die es werden wollen. Betroffene finden sich darin sicherlich in zahllosen Situationen wieder. Auch für nichtbetroffene Flotthörende ist das Buch gut geeignet, um sich in die Welt der Schwerhörigen einzufühlen und eine Idee vom Ausmaß der Beeinträchtigung zu entwickeln. Ich wünsche dem Autor, dass er mit seinem Buch dieses schwierige Thema ein bisschen cooler und verständlicher macht.
Anja Facius